New Work kann auf viele verschiedene Arten umgesetzt werden. In diesem Artikel zeige ich, wie die Z24 GmbH als mittelständischer Händler für Industrietechnik davon profitiert, die Zusammenarbeit im Unternehmen neu zu denken. Dabei gehe ich in diesem Artikel darauf ein, wie Mitarbeitende durch die „Tagesverantwortung“ wachsen, indem sie das Vertriebsteam selbst führen dürfen.
New Work: Arbeit neu und optimal denken
Bei New Work denken viele vor allem an Homeoffice und Teilzeit-Jobs. Tatsächlich ist der Grundgedanke jedoch ein viel breiterer:
Bei YNovation arbeiten wir mit folgender Definition:
„New Work bedeutet, Arbeit neu zu denken. Ziel ist, es Mitarbeitenden zu ermöglichen, optimal zu arbeiten. Das Ergebnis ist, dass sie sich entfalten, ihre Stärken einbringen und letztendlich mit mehr Freude und besseren Ergebnissen arbeiten können.“
Homeoffice und Teilzeit-Jobs können dafür ein Werkzeug sein, sind jedoch nur ein kleiner Ausschnitt einer riesigen Palette an Möglichkeiten, um New Work zu leben. In diesem Blogartikel gebe ich einen ausführlichen Überblick zur Definition, Chancen und Möglichkeiten von New Work. Mit dem Best-Practice-Beispiel in diesem Artikel gebe ich einen Einblick in ein heute bereits gelebtes New-Work-Modell.
Zahnriemen24: Industrietechnik im Onlineshop bestellen
Die Z24 GmbH (kurz für „Zahnriemen 24.de“) ist ein mittelständisches Familienunternehmen, das 2009 gegründet wurde und 25 Mitarbeitende beschäftigt. Der Webshop auf www.zahnriemen24.de ist der einzige Vertriebskanal, über den Kund:innen Industrietechnik wie Zahnriemen, Keilriemen und Förderbänder schnell und einfach bestellen können. Dabei setzt das Inhaberehepaar Tabea Seibold und Michael Ebner-Seibold auf die Befähigung der Kunden: Der Onlineshop erleichtert die Bestellungen und unterstützt Kund:innen dabei, selbst das zu finden, was sie benötigen. Hierbei helfen Videos, Produktkonfiguratoren und eine durchdachte Nutzerführung. Bei Fragen steht ein Telefonsupport zur Verfügung.
Anfangs wurde in der konservativen Branche teils die Stirn über das Konzept gerunzelt, dass sich Kund:innen Industrieelemente online selbst konfigurieren und bestellen sollten. War man es doch gewohnt, sich von Fachleuten individuell beraten zu lassen. Inzwischen schätzen aber zunehmend auch ältere Kunden die einfache Handhabung des Webshops und damit die Möglichkeit der „Hilfe zur Selbsthilfe“ und der Rund-um-die-Uhr-Bestellungen.
Auch im Bereich Mitarbeiterführung und Arbeitsmodelle gehen die Inhaber neue, innovative Wege, um eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten zu schaffen. Dabei nutzen sie Konzepte, die sie nach und nach selbst entwickelt haben und die ein schönes Beispiel für erfolgreiche New-Work-Ansätze sind.
New Work bei Zahnriemen24: Organisch gewachsen, ohne dem Hype folgen zu wollen
Das Inhaberehepaar hatte das Konzept von New Work nicht auf der Agenda stehen. Inhaberin Tabea Seibold erzählt: „‘New Work‘ hatten wir anfangs gar nicht auf dem Radar und haben es als Trend eher belächelt. Aber wir hatten intern Herausforderungen, die wir angehen mussten“.
Die im Unternehmen gelebten Lösungen sind organisch entstanden. Unter anderem umfassen diese:
- Eine agile Arbeitsweise im gesamten Unternehmen
- Ein selbst geführtes Vertriebsteam – diese Lösung stelle ich unten im Detail vor
- Die Möglichkeit, bis zu 50% der Arbeitszeit in Projekten abseits der eigenen Kerntätigkeit zu arbeiten – lesen Sie dazu diesen Artikel
All diese Lösungen wurden in Schritten gemeinsam mit den Mitarbeitenden getestet und durch offenes Feedback optimiert. Sie werden regelmäßig auf ihre Alltagstauglichkeit geprüft und ggf. angepasst.
Ein selbst geführtes Vertriebsteam: Wie Mitarbeitende durch die „Tagesverantwortung“ wachsen
Als der Inhaber und Vertriebsleiter Michael Ebner-Seibold aufgrund des Firmenwachstums mehr strategische Aufgaben übernehmen wollte, musste die Leitung des Vertriebsteams neu besetzt werden.
Die Inhaber entschieden sich zu einem mutigen und innovativen Schritt: Anstatt die Stelle mit einer neuen Führungskraft zu besetzen, wurde eine neue Funktion geschaffen: Die „Tagesverantwortung“. Basierend auf einer Checkliste hat die Person mit „Tagesverantwortung“ die Verantwortung und die Freiheit, täglich anfallende Aufgaben im Team zu verteilen. Sie trägt die Verantwortung dafür sicherzustellen, dass diese am Ende des Tages erledigt sind.
Jeden Tag um kurz vor 9 Uhr werden im Team die Aufgaben besprochen und verteilt. Dabei gilt es zu überblicken, wer welche Dinge erledigen kann, wie viel Aufwand eingeplant werden muss und wie das Team optimal eingesetzt und motiviert werden kann. Erledigte Aufgaben werden an die Tagesverantwortung rückgemeldet und in der Liste abgehakt. Der/die Verantwortliche muss selbstverständlich auch ein Auge darauf haben, wenn eine Aufgabe nicht erledigt wird.
Wer hat die Tagesverantwortung? Jeden Tag übernimmt ein anderes Teammitglied diese wichtige Aufgabe, einschließlich der Azubis. Diese hatten eine Mitarbeit proaktiv angeboten und kommen nach einer guten Schulung sehr gut damit zurecht.
„Natürlich mussten die Mitarbeitenden geschult werden und natürlich muss man es ein Stück weit begleiten. Manchmal kommt es zu Fehlorganisation und Aufgaben werden nicht erledigt. Aber letzten Endes lässt sich das mit Schulung, Befähigung und Reflektion gut lösen.“ erklärt Tabea Seibold.
Und genau darin sieht sie ihre Aufgabe als Unternehmerin: Ihre Mitarbeitenden zu „befähigen“, anstatt es zu „managen“.
Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Mitarbeitenden im Team…
- sind in ihrer Kompetenz alle eine Stufe aufgestiegen.
- haben ein besseres Verständnis für die Verantwortung der Leitung, da sie diese auch ausüben.
- fühlen sich gleichberechtigt und arbeiten Hand in Hand.
- durften alle ihre Führungsfähigkeiten testen und haben sich frei entschieden, diese Verantwortung weiterhin zu übernehmen – oder nicht.
- unterstützen sich gegenseitig und wollen gemeinsam vorankommen.
Das Unternehmen profitiert von einem sehr harmonischen Team, in dem die einzelnen Mitarbeitenden ein höheres Verständnis füreinander aufbringen und mehr Leistung bringen, als sie in untergeordneten Rollen zeigen könnten. Da man nicht von einer Führungskraft abhängig ist, lassen sich Ausfälle durch Krankheits- und Urlaubssituationen vermeiden, da jede:r die Tagesverantwortung übernehmen kann.
Ein weiterer positiver Effekt ist, dass fachlich gute Mitarbeitende sich nicht zwischen fachlicher Arbeit und Führungsrolle entscheiden müssen. Eine Karriereentwicklung kann angeboten werden, ohne dass eine Führungsrolle frei werden muss. Die Arbeit ist durch die verschiedenen „Hüte“, die die Mitarbeitenden tragen dürfen, abwechslungsreicher und motivierender.
Fazit: Selbst geführte Teams bieten großes Potenzial, müssen aber individuell und durchdacht aufgebaut werden
Das Beispiel oben begeistert mich. Ein ganzes Team wurde ohne große Einschnitte um eine Stufe „angehoben“, Mitarbeitende dürfen Führungsverantwortung ausprobieren und ausüben – oder auch erkennen, dass das nicht ihre Stärke ist.
Durch einen guten Rahmen und eine durchdachte Befähigung füllen sogar Azubis diese Rolle aus und alle profitieren von einem höheren Verständnis für beide Seiten. Daran wachsen sicherlich alle im Team – und das Unternehmen profitiert von einem robusten Team, das Ausfälle abfedern kann und einen sehr starken Zusammenhalt hat.
Ein essenzieller Punkt aus meiner Sicht: Der Prozess muss begleitet werden. Hätte die Inhaberin dem Team einfach gesagt „Führt euch selbst“, wäre es vermutlich nicht so gut gelaufen. Aber Prozesse vorzuschlagen und mit dem Team zu optimieren, zu schulen und durch eine federleichte Begleitung ein Ohr am Puls des Teams zu haben, bringt sehr gute Ergebnisse.
Wo in Ihrem Unternehmen könnte sich ein Team selbst führen? Und wie können Sie es dazu befähigen? Wer würde daran wachsen und seine vollen PS ganz neu auf die Straße bringen?
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