Am 05.06.2018 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Facebook-Seitenbetreiber für eventuelle Datenschutzverstöße durch Facebook haften. Alles zu dem Urteil gibt es in dieser Pressemitteilung zu lesen.
Nun stellt sich für Unternehmen und Privatpersonen die Frage: Was tun, um eine Abmahnung zu vermeiden? Die Facebook-Seite abschalten, um hundertprozentig sicher zu sein? Das Risiko in Kauf nehmen und weiterhin modern und effektiv kommunizieren? Gibt es einen Mittelweg, mit dem man sich ein Stück weit absichern kann? Meine persönliche Sicht mit allen Abwägungen, wie Unternehmen nun weiter vorgehen können, finden Sie in diesem Artikel.
Das Gerichtsurteil im Gesamtbild
Erinnern Sie sich an das Gerichtsurteil Ende 2016, bei dem es darum ging, dass Webseitenbetreiber für Urheberrechtsverstöße auf verlinkten Seiten haften? Internet-Rechtsanwalt Thomas Schwenke erklärte in diesem Artikel wie Unternehmen mit dem, so seine Worte, „absurden“ Urteil umgehen können. Trotz der initialen Panik unter Webseitenbetreibern hat das Urteil das Internet in den letzten eineinhalb Jahre nicht grundlegend verändert und die befürchtete Abmahnwelle blieb aus.
Ähnlich realitätsfremd mutet das aktuelle Urteil an – es kann eigentlich nur eines von zwei Zielen haben:
Entweder soll Social Media als Kommunikationsmedium mit all der gebotenen Transparenz und freien Meinungsäußerung unterdrückt werden – oder man möchte Facebook und seinen Nutzern das Leben schwer zu machen.
Mit dem Schutz von Nutzerdaten hat das Urteil meiner Meinung nichts mehr zu tun: Unternehmen und private Facebook-Nutzer haben realistisch keine Möglichkeit, eine Konformität mit Datenschutzrichtlinien von Seiten Facebooks oder anderer Plattformbetreiber sicherzustellen.
Wie kann es nach dem Urteil weitergehen?
Nimmt man das Urteil als gegeben und auch für Deutschland bindend hin, lässt es für die Zukunft nur zwei rechtssichere Optionen zu:
1. Unternehmen stellen die Nutzung von Facebook und anderen sozialen Netzwerken komplett ein. Private Nutzer kommunizieren auf diesen Plattformen ausschließlich zu höchst privaten Themen (Familie und Freunde) ohne jeglichen Unternehmenskontext. Mit anderen Worten: soziale Netzwerke sind in Europa tot.
2. Facebook und andere soziale Netzwerke stellen eine Lösung zur Verfügung, die Unternehmen und Nutzer von der Verantwortung entbindet.
Kurzer Exkurs: Warum nutzen Menschen soziale Netzwerke wie Facebook?
Nutzer schätzen die schnelle, offene und transparente Kommunikation in Social Media. Jeder kann seine Meinung frei und öffentlich sichtbar zu äußern. So tragen Facebook, XING und Co. zu einem persönlicheren, direkteren Austausch zwischen Unternehmen und Konsumenten bei, schaffen höhere Transparenz und ersetzen gewissermaßen den Klatsch am Dorfbrunnen in einer digitalisierten, globalisierten Welt. Möchte, kann und sollte die heutige Gesellschaft wieder ohne diese Kommunikationswege auskommen? Ich denke nicht. Es gibt Gründe, warum Millionen von Menschen moderne Medien – mit Verstand eingesetzt – nutzen und schätzen. Natürlich müssen die Privatsphäre und die persönlichen Daten der Nutzer geschützt werden. Es muss aber auch klar sein, dass hohe Ideale nicht auf dem Rücken machtloser Nutzer/Unternehmen ausgetragen werden sollten. Dies ist nicht zielführend, da solche „Vorschlaghammer-Urteile“ lediglich zu Abschreckungseffekten und nicht zu wirklich besserer Datensicherheit führen, wenn die Verantwortung Parteien zugeschoben wird, die beim besten Willen keine Einflussmöglichkeiten haben.
Daher ist die oben beschriebene Option 2 aus meiner Sicht langfristig die wahrscheinlichste Variante: Wie schon bei der Impressumspflicht werden Plattformbetreiber im eigenen Interesse (hoffentlich) Lösungen bereitstellen, die Unternehmen und Nutzer von den durch das Urteil auferlegten Pflichten entbindet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Facebook entscheidet, Europa nicht mehr als Zielregion zu sehen – hier geht es ja auch um Werbeinnahmen.
Das raten wir Unternehmen
Mein Rat für Sie lautet daher: Warten Sie ab. Selbst die Abmahnanwälte werden vermutlich mehrheitlich warten, wie das Urteil im deutschen Recht angewendet wird. Daher ist das Risiko einer kurzfristigen Abmahnung aktuell relativ gering. Es besteht die Hoffnung, dass Facebook & Co. es rechtzeitig schaffen, eine Lösung zu finden. Löschen Sie nun Ihre Präsenzen, beginnen Sie später wieder bei Null und alle aufgebauten Fans, Follower, Inhalte und Schwung sind verloren.
Im Falle einer Abmahnung können Sie laut Rechtsanwalt Dr. Schwenke mit Kosten von ca. 5.000 Euro rechnen. Das tut weh, wird aber viele Unternehmen nicht in den Ruin treiben. Daher: wägen Sie dieses Risiko ab und überlegen Sie auch, welche Signale Ihr Unternehmen nach außen senden möchte.
Auch Facebook-Experte Thomas Hutter rät in diesem Artikel zur Gelassenheit. Eine wertvolle Informationsquelle sind die ausführlichen FAQ des Internet-Rechtsanwaltes Dr. Schwenke, um sich weiter zu informieren und Detailfragen zu klären.
Wie können kleine und mittlere Unternehmen Social Media optimal nutzen? Social Media Marketing 2018 zeigt es Ihnen. Bestellen Sie jetzt!